Zusammenfassung
Thomas Mann hat sich über die Entstehung seines für ihn wichtigsten Romans, des „Doktor Faustus“, in einem mehr als 150seitigen Buch selbst Rechenschaft gegeben. Sein Bericht über die Entstehung des Romans fußt im wesentlichen auf seinen Tagebuchnotizen, die inzwischen auch gedruckt vorliegen. Der Plan reifte rasch heran, ohne daß ihm eine lange Vorgeschichte des Bedenkens und Uberlegens vorausgegangen wäre. Am 15. März 1943 taucht ein Hinweis auf den Doktor Faustus zum erstenmal in seinen Tagebüchern auf. Er spricht dort von der „Durchsicht alter Papiere nach Material für Doktor Faust“ und vermerkt zwei Tage später: „Machte den Dreizeilenplan des Doktor Faust vom Jahre 1901 ausfindig. Berührung mit der Tonio Kröger-Zeit, den Münchner Tagen, den nie verwirklichten Romanplänen: die Geliebten und Maja.“ Thomas Mann vermerkt später dazu in seinem Entstehungsbuch: „42 Jahre waren vergangen, seit ich mir etwas vom Teufelspakt eines Künstlers als mögliches Arbeitsvorhaben notiert, und mit dem Wiederaufsuchen, Wiederauffinden geht eine Gemütsbewegung, um nicht zu sagen: Aufgewühltheit einher, die mir sehr deutlich macht, wie um den dürftigen und vagen thematischen Kern von Anfang an eine Aura von Lebensgefühl, eine Lufthülle biographischer Stimmung lag... Die Frage war, ob nun die Stunde für diese von langer Hand, wenn auch noch so unscharf visierte Aufgabe gekommen war, ein Gegeninstinkt, verstärkt durch die Ahnung, daß es mit dem Stoff nicht geheuer war, und daß es Herzblut, viel davon, kosten werde, ihn in Gestalt zu bringen durch die unbestimmte Vorstellung einer gewissen, aufs Ganze gehenden Radikalität seiner Anforderungen, — ist unverkennbar.“ (Die Entstehung des Doktor Faustus, Ges. Werke, Frankfurt, Bd.XI, 155ff.)